Mit einem Schreibpartner oder einer Autorengruppe kann man dem entgegenwirken.
Ich habe schon oft gelesen, dass der Schreibprozess den Schreiberling für lange Stunden in sein Zimmer einsperrt, sodass er mehr oder weniger vereinsamt. “Schreiben ist ein einsamer Prozess!” – Das kann zutreffen, muss es jedoch nicht.
Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie schnell ich an den Punkt komme, wo ich in einem Kapitel, in einer Charakterbeschreibung, bei der Motivsuche oder ähnlichem einfach nicht weiterkomme, obwohl ich Feuer und Flamme für das Projekt bin. Auf einmal ist der Kopf leer und man starrt vor den Bildschirm oder auf die eigenen Notizen und ist nicht mehr überzeugt von der Idee oder dem, was man aufgeschrieben hat.
Und genau hier kommt ein Schreibpartner ins Spiel: Hätte ich doch schon vor Jahren gewusst, wie erquickend und fruchtbar so eine Zusammenarbeit ist!
Klar, ich habe davon in Autorenratgebern, Foren und auf Blogs davon gelesen, doch da war so eine kleine, winzige Sache, die mich davon abgehalten hat, aktiv auf die Suche zu gehen: Unsicherheit. Was denken andere Autoren von mir und meinen Ideen? Bin ich nicht viel zu grün hinter den Ohren, um mich mit jemanden zusammen zu setzen? Was mache ich, wenn meine Texte nicht ankommen? Was, wenn mir gesagt wird, dass ich es lieber gleich lassen sollte? Und wie soll ich mich überhaupt vorstellen, ich habe ja noch gar nichts veröffentlicht, noch gar nichts fertig?
Natürlich kann man sich diese Fragen stellen, doch was bringt es einem, wenn man nicht den ersten Schritt wagt und nach Antworten sucht?
Ich habe mich immer sehr zurückgehalten, anderen Leuten zu erzählen, dass ich schreibe. Weil, und vielleicht hast du das auch schon erlebt, man, wenn man dieses Thema anschneidet, wirklich so oft zu hören bekommt: “Ich schreibe auch”, “Ich habe auch schon einmal etwas geschrieben” etc. pp. Und das hat mich dann wiederum dazu gebracht, mich zurückzunehmen und dem anderen zuzuhören, statt etwas von mir preiszugeben. Vielleicht, weil ich dachte, dass meine Geschichten nicht so interessant sind. Oder weil ich mich vor bohrenden Fragen scheute, deren Antworten ich selbst nicht kannte. Oder weil ich eben nicht auch noch einer der Leute sein wollte, die sagen, dass sie schreiben (und dann aber noch gar nichts vorweisen können …).
Im Internet hatte ich oft nach Schreibgruppen gesucht, doch ehrlich gesagt, war mein Respekt (und meine Angst) davor, in eine schon bestehende Gruppe hineinzukommen, viel zu groß, als dass ich hier je den ersten Schritt gemacht hätte. Also habe ich zwar immer mit sehnsüchtigen Blicken auf die Einträge und Ortsgruppen geguckt, mich jedoch nie irgendwo angemeldet. Wer weiß, vielleicht hätte ich dort gute Freunde kennengelernt.
Ich hatte mich damit abgefunden, als Einzelkämpfer in der Welt des Schreibens umherzugehen und mich damit mehr oder weniger arrangiert. Doch dann begegnete ich meiner jetzigen Schreibpartnerin Jessica, und ein Gespräch veränderte unverhofft unser beider Verlauf und schriftstellerische Entwicklung.
Nicht anders ist es mit einem Schreibpartner. Hier ist ein Ort, in dem man ehrlich zu sich und seinem Gegenüber sein muss. Das fängt damit an, dass man seine Ideen und seine Geschichte jemand anderem zeigt und zugänglich macht. Man ist verletzlich. Man öffnet die Tür zu den eigenen Gedanken, zu der Welt, die man erschaffen hat. Nicht jeder versteht, was das bedeutet, deswegen ist es meiner Meinung nach eben sehr wichtig, Leute zu finden, die dieselben Prozesse wie man selbst durchmachen.
Deshalb verstehe ich wirklich nicht diese Art von Menschen, die sagen “Ich bin immer ehrlich und sage jedem, was ich von ihm halte!”. Ja, keine Frage, keiner möchte angelogen werden. Doch ich finde, dass der Ton die Musik macht. Ehrlich sein bedeutet nicht, brutal und herzlos zu sein. Mit so jemanden könnte ich nicht zusammenarbeiten. Wichtig ist, dass man sich bewusst ist, dass Worte verletzen können, auch wenn man doch “einfach nur” gesagt hat, was man denkt. Nein. So geht es nicht. Bei einer Schreibpartnerschaft möchte ich nicht Angst vor der nächsten Kritik haben müssen. Natürlich will ich wissen, ob eine Szene so funktioniert, wie ich sie mir vorgestellt habe. Ich möchte Kritik hören, aber bitte konstruktiv, sachlich und hilfreich statt entmutigend und verletzend. Ich möchte Gewissheit haben, dass mein Schreibpartner nicht nur “drauf haut”, sondern mir dabei helfen möchte, die beste Version meines Textes herauszuarbeiten. Auch wenn das manchmal wehtut, weil genau die Szene, die man so genial findet, so gar nicht ankommt.
Ich freue mich für seine Erfolge und mein Schreibpartner sich für meine. Gerade, wenn es nicht weitergeht, wenn man denkt, man tritt auf der Stelle, ist so etwas essentiell. Lässt du dich auch an manchen Tagen von Zweifeln überwältigen und würdest am liebsten den ganzen Text löschen? Oder du starrst auf das leere Blatt Papier, auf den blinkenden Cursor in dem schneeweißen Textdokument und es geht nicht voran. Oder du liest diese eine Szene, von der du vor ein paar Tagen dachtest, dass du alles perfekt getroffen hast, und heute schüttelst du nur den Kopf, weil dein innerer Kritiker alles zerreißt.
Manchmal verrennen wir uns und sehen gar nicht, wie gut der Text ist, den wir geschrieben haben. Wie spannend diese Wendung ist. Und dass diese Passage ganz und gar nicht nur schmückendes Beiwerk ist, sondern wichtig für die Entwicklung des Charakters und deshalb bitte schön drin bleiben sollte. Oder wir sehen nicht, dass wir witzige, spritze Dialoge schreiben, die andere zum schmunzeln bringen. Wir sehen nur das Negative und genau da hilft der Schreibpartner, der einem zuhört, der sich die Sorgen und Ängste und Zweifel geduldig anhört und uns dann wieder sanft auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Jemanden zu haben, der dich anfeuert, der dir sagt, dass du auf dem richtigen Weg bist, der dich ermutigt, nicht aufzugeben sondern dranzubleiben, das ist ein wahrer Freund. Jemand, der dich aus deinem Gedankenkurassel herausholt, der dir sagt, dass du so eine geniale Szene geschrieben hast, dass er sich das wie im Film vorstellen kann. Der dir deine Zweifel nimmt und dir zeigt, dass es gar nichts bringt, sich fertig zu machen, sondern dass es viel besser ist, weiterzuschreiben und nicht aufzugeben. Jemand, der sich mit dir freut, dass du endlich, endlich! diese schwierige Szene fertig geschrieben hast, dass du endlich das perfekte Motiv für deinen Charakter gefunden hast.
Und du kannst dich auch für deinen Schreibpartner freuen, in anfeuern und das Beste aus ihm herausholen. Eine Schreibpartnerschaft lebt von beiden Seiten, es ist ein ständiges Geben und Nehmen und glaubt mir, Geben ist seliger als Nehmen (Apostelgeschichte 20,35). Es ist ein biblisches Prinzip, das so einfach anzuwenden ist.
Ich möchte nicht bierernst vor den Texten sitzen und schreiben, ändern und wieder alles umstellen – ich brauche auch mal eine Auszeit und möchte über alberne Fehler lachen, oder mich einfach treffen und Energie für die nächste Schreibsession auftanken. Nicht jedes Treffen muss sich um das Schreiben handeln, es ist wichtig, auch hinter den Schriftsteller zu sehen und eine Beziehung aufzubauen und zu pflegen, sodass man sich einfach freut, den anderen zu sehen, zu hören oder etwas von ihm zu lesen.
Ich kann nicht zählen, wie oft Jessica und ich Tränen gelacht haben, wie oft ich mit einem Lächeln nach Hause gefahren und mich mit einem riesigen Motivationsschub wieder an den Schreibtisch gesetzt habe.
Wie ist deine Erfahrung mit einer Schreibpartnerschaft? Hast du jemanden gefunden, oder bist du in einer Autorengruppe?
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